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Mauretanien 🇲🇷 - Das gastfreundlichste Land meiner Reise

  • Autorenbild: Sandra
    Sandra
  • 23. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Von Saint-Louis nach Mauretanien

Nach zwei Nächten in Saint-Louis radelte ich zur Grenze. Mein Plan war, dort zu übernachten und am Montag nach Mauretanien einzureisen – immerhin war Sonntag und die Grenze angeblich geschlossen. Doch wie so oft in Afrika kam es anders: Sie war offen.

Ich hatte mich für die Diama-Grenze entschieden. Viele Radfahrer hatten mich vor der anderen, stark korrupten Grenze gewarnt. Die Diama-Route aber ist berüchtigt für ihre unpassierbare Schlammpiste nach Regenfällen. Noch vor wenigen Tagen mussten Reisende umkehren. Doch ich hatte Glück: Es war trocken.

Beim senegalesischen Posten fiel mir plötzlich auf, dass mein ausgedrucktes E-Visum verschwunden war. Herzklopfen. Ohne Visum kein Weiterkommen. Zum Glück boten mir die Beamten an, es für mich auszudrucken. Eine kleine Geste – und meine Rettung. Wenig später rollte ich über die Brücke des Senegal-Flusses und stand vor den mauretanischen Beamten. Sie ließen mich warten, gaben mir das Gefühl, jederzeit Ärger machen zu können. Doch am Ende ging alles glatt. Land Nr. 24: Mauretanien.


 

Erste Nächte in der Wüste

Die Strasse war holprig, aber trocken. Ich schaffte noch zehn Kilometer bis zum Polizeiposten und durfte dort schlafen. Die Männer waren herzlich, luden mich zu unzähligen Tees ein. Unter einem klaren Sternenhimmel schlief ich tief und zufrieden.

Am nächsten Tag warteten 35 Kilometer Schlaglochpiste durch das Delta. Keine Krokodile gesehen, aber mehrere Pumba-Schweine, die mir fast in die Beine liefen. Hungrig und erschöpft erreichte ich irgendwann die ersehnte Teerstrasse. Mein Proviant: verschimmeltes Brot – das Einzige, was ich unterwegs finden konnte. Doch es reichte, um weiterzukommen.

 

Wildcampen in Mauretanien

Mit Asphalt unter den Reifen fuhr ich weiter. Unter Bäumen machte ich Siesta, suchte abends versteckte Plätze hinter Sanddünen. Am ersten Abend  entdeckten mich Hirten mit ihren Tieren, brachten mir sogar morgens Milch vorbei. Anfangs dachte ich: „Was, wenn sie in der Nacht zurückkommen?“ Doch hier spürte ich Vertrauen.

Ein Sonnenuntergang, dann der Sternenhimmel. Idylle pur – bis mitten in der Nacht Regen einsetzte. In der Wüste! Ungläubig zog ich im Dunkeln die Regenplane über mein Zelt. Am nächsten Morgen lachten die Hirten, als sie mir frische Milch gaben.


Kurz nach der Grenze (Senegal) die Wüste noch mit Bäumchen und Büschen

 

später dann nur noch Sand...

Weitere Male musste ich ein bisschen durch den Sand gehen um einen geeigneten Platz zu finden. Fand aber immer irgendein Versteck. Einmal überraschte mich ein Sandsturm. Der Wind peitschte, das Zelt war voller Sand, ich wickelte mich in mein großes Tuch, um wenigstens Kopf und Körper zu schützen. Blitze zuckten am Horizont, Regen fiel diesmal nicht. Morgens blieb nur: Sand ausschütteln und Arby mit einem halben Liter Wasser notdürftig reinigen.

Mein Zelt am Morgen nach dem Sandsturm
und Arby am Morgen danach...

 

Die Härte des Windes

Der schlimmste Gegner aber war der Wind. Stundenlang trat ich ins Leere. Autos und Trucks rissen mich fast von der Strasse, jedes Mal ein gratis Sandpeeling. Irgendwie kämpfte ich mich durch – bis nach Chami, einem brandneuen Goldgräberstädtchen, das nicht einmal Google Maps kennt. Dort fand ich ein Hotel, ein paar Läden – und endlich etwas Ruhe.


Against the wind...
Against the wind...

 

Valentino - der Typ der durch die Wüste geht…

Als ich in Chami war, traf ich Valentino. Wer schon denkt, dass es verrückt ist, mit dem Fahrrad durch die Wüste zu fahren, sollte Valentino kennenlernen – er läuft durch die Wüste. An meinem freien Tag lief ich ihm mit Wasser und Snacks entgegen, und wir gingen gemeinsam zurück nach Chami. Alleine durch die Wüste zu laufen, ist für mich wohl eine der stärksten mentalen Herausforderungen, die man sich vorstellen kann. Auch wenn ich die Wüste liebe – mit dem Fahrrad kommt man dann doch etwas schneller voran.


 

Eine weitere Geschichte über Vertrauen…

Nach meiner „Pause“ in Chami, die eigentlich keine war, machte ich mich wieder auf den Weg. Die Straße war flach, der Wind spielte mir in die Karten. Ein LKW hielt neben mir, der Fahrer reichte mir eine eiskalte Wasserflasche aus dem Fenster. Mehr blieb mir nicht, als mich zu bedanken und ein kurzes Gespräch zu führen. Er war Marokkaner und erfüllte prompt das Klischee, dass Marokkaner angeblich noch gastfreundlicher seien als der Rest von Afrika. Nach Mauretanien, wo ich täglich Tee, Essen und Wasser bekam, konnte ich mir das kaum vorstellen. Aber dieser Fahrer war schon ein erstes Beispiel.

Dank Rückenwind legte ich gute 100 Kilometer zurück und hätte locker noch weiterfahren können. Doch kaum war ich nach dem Abendessen wieder auf Arby gestiegen, hielt ein LKW neben mir – derselbe Fahrer, der mir zuvor das Wasser gegeben hatte. Sein Französisch war bruchstückhaft, aber er erklärte mir, dass er fast bis zur Grenze fahre und mich gerne mitnehmen würde. Ehe ich mich versah, zeigte er schon auf den leeren Kühlraum seines Trucks und begann, mein Fahrrad einzuladen.

Spätestens als ich in die klimatisierte Kabine stieg, war ich überzeugt: dieses Angebot nehme ich an. Wir fuhren ein Stück, hielten an einer Raststätte mit Duschen, und schließlich parkte er irgendwo in der Wüste. Vorher hatte er mir erklärt, dass ich in der Kabine schlafen könne – es gab zwei saubere Betten übereinander. Abdoulghani, so sein Name, war mir auf Anhieb sympathisch. Trotzdem: als Frau allein mit einem Trucker in der Wüste zu übernachten, bleibt ein Risiko. Immer wieder betonte ich, dass ich verheiratet sei und zwei Kinder habe.

Aber einmal mehr verließ ich mich auf mein Bauchgefühl – und einmal mehr sollte es mich nicht täuschen. Abdoulghani war respektvoll, es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, mir zu nahe zu treten. In der Nacht spürte ich sogar, wie er mir eine Decke überwarf, und zwar so unbeholfen, dass er mich ja nicht berühren musste.


 

Unglaublich wenn ich daran denke, dass Mauretanien vor meiner Reise, das Land war wo ich meinen grössten Respekt vor hatte. Nun ist es für mich das Land mit den schönsten Wildcampingplätzen, den gütigsten Menschen, den grössten Gasfreundschaft und der schönsten Landschaft.  (Was soll ich sagen,  ich liebe Wüste).

Erst jetzt wo ich zurück in der Ruhe bin, merke ich wie sehr ich Mauretanien brauchte nach einem Jahr Schwarzafrika ohne Privatsphäre geniesse ich es einfach alleine durch die Wüste zu radeln.

 

Am Morgen tranken wir gemeinsam Kaffee, dann fuhr ich weiter – in Richtung Grenze. Unglaublich: die Grenze zu meinem letzten afrikanischen Land – Marokko.



 


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