
Togo 🇹🇬- Klein aber Fein
- Sandra
- 22. Mai
- 8 Min. Lesezeit
Nur etwa 20 Kilometer vor der togolesischen Grenze fand ich einen hübschen Campingplatz am Strand. Ich campte zwischen den Palmen und genoss die Reggae-Musik die Abends lief.
In der ersten Nacht hat es allerdings sehr stark geregnet. Crappy - mein Zelt ist leider nicht mehr ganz dicht und alles war nass oder wenigstens feucht am Morgen.
So entschied ich mich alle Sachen trocknen zu lassen und weil es so schön da ist, noch eine weitere Nacht hier zu bleiben.

Am nächsten Tag fuhr ich an die Grenze von Togo. Der Übergang klappte ganz gut und schnell. Leider habe ich nur 15 Tage in Togo bekommen, ich könne dies aber für weitere 15 Tage in Lomé verlängern.
In Togo sah ich mehr Fahrräder und sogar kleine Shops wo es z.B. Veloreifen zu kaufen gab. Dies habe ich auf meiner zweiten Afrika Reise noch nie gesehen. Ansonsten ähneln sich die beiden Länder Benin und Togo sehr und ich fühle mich wohl. Ich fuhr knappe 60 Kilometer und fand einen weiteren schönen Platz zum Campen. Ebenfalls am Strand.
Ich liebe es am Strand zu campen, auch wenn man ein bisschen vorsichtig sein muss, da die Strände von außen frei zugängig sind. Hier ist allerdings ein Wächter anwesend, der sich sogar bei mir vorgestellt hatte. Er heißt "Believe"…da kann ja nichts mehr schief gehen.

Nach einer kurzen Weiterfahrt am Morgen checkte ich einmal mehr im Kloster ein. Es ist mit Abstand die günstigste Übernachtungsmöglichkeit in Lomé.
Lomé, die Hauptstadt von Togo ist eine saubere Stadt mit einem ebenfalls sauberen, wunderschönen Strand.

Bereits seit gestern fühlte ich mich nicht sonderlich gut. Ich fühle mich schwach, schlapp und habe erneut Gliederschmerzen. Diesmal war der Gedanke an Malaria sofort da und ich suchte nach einem Spital, um mich diesmal mit einem Bluttest auf Malaria testen zu lassen.
Nur etwa einen Kilometer vom Kloster entfernt, fand ich ein Spital, dass eigentlich einen relativ guten Eindruck auf mich machte. Schnell stellte ich aber fest, dass es afrikanisch, unorganisiert ist. Niemand scheint jemals etwas von einem Malariatest gehört zu haben.
Es gab Schalter von Eins bis Neun nummeriert und überall standen viele Menschen in Schlangen an. Ich fragte jemanden wo ich den beginnen müsse und ich wurde zur Nummer 2 geschickt. Nach 45 Minuten anstehen und meinen Platz verteidigen war ich endlich an der Reihe nur um mir anzuhören, dass sie mir hier leider nicht weiterhelfen könne ich müsse erst bei Nummer Sieben anstehen.
Bei der Nummer Sieben, war es die Nummer Fünf und gemäß Nummer Fünf musste ich erst in ein Büro um die Ecke gehen.
Dort erklärte ich, was ich wollte, und wieder wurde ich verstört angestarrt. Malariatest? Das hat man hier noch nie gehört.
Auch wenn die Einheimischen genauso Malaria bekommen können und man dagegen auch nicht immun oder so etwas werden kann, denke ich doch, dass zumindest 99,9% aller weißen Touristen in diesem Spital auftauchen, wegen einem Malariatest hier sind.
Tatsächlich bekam ich aber einen Zettel wo CFA 2000 (etwa CHF 3,00) draufstand. Nun gings wieder zu Nummer Fünf, dann Sieben, dann Zwei wo ich endlich bezahlen konnte.
Das Anstehen in Afrika ist immer noch befremdend für mich. Es gibt nur eine Regel, Wenn Du die Person vor Dir und der Person hinter Dir nicht mindestens mit 80% Deiner Körperfläche berührst, stehst Du nicht an.
Ebenfalls sei so ein richtiges Arschloch. Dränge Dich vor. Ignoriere Menschen. Sonst würde ich heute noch dort anstehen.
Als ich die Rechnung endlich bezahlt hatte, lief ich an einem Aussenkorridor vorbei wo Frauen und Kinder wohl seit Tagen auf Decken schliefen. Zum Teil hatten sie ihre Kochtöpfe dabei und es scheint, als würden sie schon lange und wohl auch noch längere Zeit hier verbringen.
Ich wurde in die "Urgence" geschickt und nach weiterer Herumfragerei wurde ich auf einer Holzbank verwiesen, der nach dem Aufrückverfahren funktionierte.
Es sind nun schon über Sechs Stunden vergangen, ich hatte nach meinem Frühstück nichts mehr gegessen und ebenfalls hatte ich Durst.
Ein Spitalbesuch ist eine (mit Glück) Tagesübung hier in Afrika.
Endlich wurde ich ins Sprechzimmer zum Arzt gerufen. Es sah dort aus, als eine Bombe eingeschlagen hätte. Vertrauliche Papiere, zum Teil mit Blut verschmiert lagen überall verteilt auf dem Tisch, Stuhl und Boden.
Der Arzt sah mich einfach nur starr an. Irgendwann versuchte ich einen Anfang mit "Ich glaube ich müsste einen Malariatest machen" und erklärte ihm meine Symptome.
Er schaute mich weiter an und fragte mich, seit wann ich in Togo sei.
"Seit zwei Tagen"
Die Pausen seinerseits waren jeweils so lange, dass ich mir nun schon sicher war, dass der Arzt entweder senil, dement, auf Drogen aber höchstwahrscheinlich alles zusammen war.
Von wo ich den komme, fragte er mich dann endlich.
"Aus der Schweiz"
Es könne ja aber gar nicht sein, in der Schweiz bekäme man ja die Malariaprophylaxe, wenn man nach Afrika reise.
Das entscheidet erstens Mal immer noch der Patient und meine persönliche Meinung ist die auf einer so langen Reise weder gesund noch sinnvoll einzunehmen. Außerdem kann man Malaria auch mit der Prophylaxe bekommen halt vielleicht mit einem geringeren Risiko.
Ich erklärte ihm wie lange ich schon in Afrika war und durch welche Länder ich gereist bin und dass es sehr wohl möglich sei, dass ich Malaria hätte.
Dann malte er eine 1, 2, 3, auf einen Zettel, um wohl kompetent zu wirken und sprach mit langsamer Stimme; er würde mir Medikamente verschreiben.
Erneut erklärte ich ihm, dass ich erst und vor allem einfach einen Test machen wolle, weil ich mir schließlich nicht sicher wäre, ob ich Malaria habe oder nicht.
Danach suchte der verstreute Arzt den Schlüssel seines Büros und erklärte mir, dass wir zusammen ins Labor gehen würden.
Beinahe dachte ich, ich sei nun auf dem guten Wege und sie würden mir im Labor Blut abnehmen.
Musste dann aber feststellen, dass wir nur dorthin liefen um Drei Blutplättchen (diese Laborplättchen, wo das Blut darauf untersucht wird). Dazu muss man noch erwähnen, dass wir für die je 200 Meter Weg von seinem Büro zum Labor und zurück ungelogen 40 Minuten benötigten.
Ich bin mittlerweile wirklich an das afrikanische Tempo gewohnt und glaubt mir, ich habe sehr viele sehr langsame Menschen in meinem Leben gesehen.
Dieser Arzt toppt sie aber alle.
Zurück auf der Notfallstation übergab der Arzt die Plättchen einer Krankenschwester. Auch diese konnte nicht verstehen, was ein Malariatest ist. Der Arzt holte ein Papier aus seinem Büro, kam zurück und fragte eine ANDERE Krankenschwester, wo sie denn nun die Plättchen hätte, die er ihr vorhin gegeben hatte.
Okay, das war der Moment, wo ich wirklich einfach nur noch davonlaufen wollte. Der war definitiv so was von in seiner eigenen Welt.
Irgendwann kurz vor dem Davonlaufen holte mich aber eine weitere, kompetent aussehende Krankenschwester ab und lotste mich durch die Notfallstation, wo ein Bett mit einem röchelnden Patienten neben dem nächsten mit einer sterbenden Mutter lag.
Zum Glück musste mir nur Blut abgenommen werden.
Hände wurden keine gewaschen oder Handschuhe getragen. Wenigstens war die Nadel, mit der sie mich pikste, neu.
Morgen würde ich das Ergebnis abholen können.
Was für ein absolut verstörendes Erlebnis dieser Spitalbesuch doch wieder einmal war.
Am nächsten Morgen also ging ich direkt ins Labor, um meine Ergebnisse abzuholen. Dies ging erstaunlich schnell und das Ergebnis war negativ. Ich habe also keine Malaria. Dies ist schon einmal gut. Aber besser fühl ich mich deshalb immer noch nicht. Es geht mir immer noch gleich schlecht wie vorher, wenn nicht sogar noch etwas schlechter.
So blieb ich noch eine Nacht länger im Kloster und legte mich bereits am Nachmittag mit Zwei NeoCitran schlafen.
Auch die Nacht schlief ich durch. Es war Sonntagmorgen und ich wollte die Stadt unbedingt Heute verlassen, Erstens hatte ich gerade meinen guten Moment für Heute, wo ich mich fit gefühlt hatte, um zu radeln und Zweitens bin ich ein großer Fan am Sonntag durch Städte zu fahren, weil es wenig Verkehr gibt.
Nur musste ich feststellen, dass ich im Kloster eingesperrt war. Die Türen waren verschlossen. Ich musste die versperrte Hintertür freiräumen und konnte wenigstens endlich rausgehen. Niemand war zu sehen. Klar, Sonntagmorgen und alle sind in der Kirche. Mir ja egal, aber Arby war immer noch in der Garage eingesperrt.
Ich hasse es, wenn ich Arby nicht ins Zimmer nehmen kann und somit keinen Zugang zu ihm habe.
Es blieb mir nichts anderes übrig als zu warten, bis die Schwestern aus der Kirche zurückkamen und Arby endlich befreiten.
Irgendwann ist zum Glück jede Predigt zu Ende. Endlich konnte ich weiterfahren. Da ich mich immer noch nicht ganz fit fühlte, beschloss ich nur aus der Stadt rauszufahren. Ich fand eine Unterkunft - wieder einmal wurde ich gefragt für wie viele Stunden ich das Zimmer mieten wolle. Das Ding mit den günstigen Hotels ist oft, dass es sich um Stundenhotels handelt. Hier wurden auf dem Nachttisch sogar Kondome zur Verfügung gestellt. Oft sind die Hotels aber sonst ganz Okay und man bekommt keine wilden Geschichten mit.
Am nächsten Morgen auf der Straße in Richtung Kpalime bemerkte ich plötzlich Renn- Velofahrer neben mir. Es waren ein Mann und zwei Frauen. Sie trainieren für eine Rundfahrt durch Togo. Ich bin begeistert, vor allem von den Frauen. Togo ist das erste Land auf dieser Reise, wo ich Frauen auf Fahrräder sehe.

Erst fühlte ich mich wunderbar und ich konnte mir sogar vorstellen Heute bis nach Kpalime zu fahren. Dann aber kam der Einbruch. Wie angeschossen fühlte ich mich unglaublich müde und schlapp. Glücklicherweise fand ich etwa 2 Kilometer weiter ein Hotel. Ich checkte ein und legte mich den ganzen Nachmittag und Nacht schlafen. Ich kann mich kaum erinnern, dass ich jemals so kaputt war. Essen konnte ich nichts. Und das ist nun wirklich sehr untypisch für mich. Ich begann trotz dem negativen Malaria Test, trotzdem die Malaria Medikamente einzunehmen. Schließlich traute ich diesem Arzt in Lomé einfach nicht.
Am nächsten Tag, nach dem langen Schlaf, fühlte ich mich etwas besser und traute es mir zu bis nach Kpalime zu fahren. Die Strecke ist wunderschön. Es gibt wenig Verkehr und immer habe ich tolle Aussicht auf den höchsten Punkt von Togo, den Mont Agou auf 986m.Ich erreichte Kpalime und nach etwas Suchen, fand ich ein günstiges und tolles Hotel, wo ich für ein paar Tage bleiben kann, mich wohlfühle und hoffentlich definitiv erhole.
In einer Apotheke fand ich Malaria Tabletten und sogar einen Malaria Test zum selber machen. Zurück im Hotel machte ich diesen Test, aber auch dieser war negativ. Malaria ist es also definitiv nicht. Ich frage mich, was es sonst ist. Es sind nun doch schon einige Tage, an denen ich mich so schlecht fühlte. Viele andere Tropenkrankheiten oder Parasiten, die man z.B. von verschmutztem Wasser auflesen könnte, sind eigentlich immer mit Durchfall und Erbrechen verbunden. Dies ist so ziemlich das Einzige was ich aber nicht habe.
Ich blieb einige Tage in Kpalime und liebe diese Stadt. Sie ist wunderschön in einer hügeligen, grünen Landschaft gelegen. Die Menschen sind relaxed und freundlich. Da ich körperlich nichts allzu anstrengendes unternehmen konnte, beschloss ich mir doch einmal im Leben afrikanische "Braids" also Zöpfe flechten zu lassen. Ganze 6h hat es gedauert, aber ich bin zufrieden und happy mit dem Ergebnis.

Am 1. Mai landete ich dann mit meiner Frisur direkt im Umzug der Coiffeusen. Ich wurde einfach hineingezerrt.
Die nächsten Tage durfte ich die Familie einer ehemaligen Arbeitskollegin zu besuchen. Sie hiessen mich herzlich willkommen und die Cousins meiner Arbeitskollegin führten mich in und um Kpalime herum. Sie zeigten mir Schulen, Essensausgaben, Wasserfälle und luden mich zum Fufu essen bei der Familie ein.
Die Zeit in Togo und vor allem in Kpalime habe ich sehr genossen. Was für ein schönes, friedliches Land zum Wohlfühlen - sogar, wenn man krank ist.
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